Bronchuskarzinom chirurgische Therapie 2016

Die chirurgische Therapie des Bronchuskarzinoms im Jahr 2016

 

Die Universitätsklinik für Chirurgie im Salzburger Landeskrankenhaus ist das Referenzzentrum für thoraxchirurgische Leistungen in unserem Bundesland. Das Einzugsgebiet ist das gesamte Bundesland, darüber hinaus der südostbayrische Raum, das Innviertel, Teile Tirols, sowie das Salzkammergut (Abb.:1).

Die Entwicklung der Thoraxchirurgie in den letzten Jahrzehnten war geprägt von radikaler Resektion mit maximaler Entfernung von Lungengewebe, hinzu radikaler Chirurgie unter maximalem Erhalt von Lungengewebe und Funktion[1]. Dies wird heute vielfach unterstützt durch die Möglichkeiten der minimalinvasiven Chirurgie. Auch heute stellt die Chirurgie die wichtigste Therapieform in frühen Stadium des Bronchuskarzinoms dar. So werden 68 % aller Patienten im Stadium I + II, (lokal auf das Organ beschränkte Tumore mit auf das Organ beschränkten Lymphknoten Befall) operativ versorgt[2]. Weiter fortgeschrittene Tumore in den Stadien III+IV sind nur ausnahmsweise Indikationen für die Operation.

Abb.:1

Durch immer exaktere bzw. häufiger durchgeführte CT-Untersuchungen werden heute Rundherde bereits in sehr frühen Stadien der Erkrankung erkannt, was  schonende Operationsmethoden zum Durchbruch verholfen hat. Während vor 20 Jahren die Lobektomie als Standardverfahren für die Resektion von Bronchialkarzinomen im Frühstadium angesehen wurde, ist es heute so, dass bei Tumoren welche <2 cm im Durchmesser sind und im peripheren Drittel der Lunge gelegen sind mittels Segmentresektion und Lymphadenektomie behandelt werden können. Der Evidenzgrad für diese Form der Chirurgie ist bereits so groß, dass dieses Verfahren auch außerhalb von Studien angewendet werden kann. Wichtig ist hier zu wissen, dass es sich um eine anatomische Segmentresektion handelt und nicht um die sogenannte atypische Resektion, bei der die anatomischen  Grenzen nicht beachtet werden. Ist eine anatomische Resektion auf Segmentebene nicht möglich ist die Standardtherapie die Lobektomie. Dieses Verfahren bietet sich typischerweise bei Tumoren die >2 cm bzw. segmentüberschreitend sind an. Die Pneumonektomie d.h. komplette Entfernung eines Lungenflügels ist einer Minderzahl von Patienten vorbehalten bei denen den Erhalt des  Lappens, auch durch aufwendige sogenannte broncho- bzw. angioplastische Operationen, nicht möglich ist. Wie bereits oben erwähnt können sämtliche Verfahren auch auf minimalinvasivem Weg durchgeführt werden. An unserer Klinik wird standardmäßig die anatomische minimalinvasive Lobektomie bzw. Segmentresektion mit Lymphadenektomie seit dem Jahr 2007 durchgeführt. An mehreren hundert Patienten, konnten wir nachweisen, dass dieser Eingriff sicher mit geringer Morbidität und extrem geringer Mortalität durchgeführt werden kann (Abb.:2)[3]. So liegt die Mortalität an unserer Klinik unter ein Prozent.

 

Abb.:2

Voraussetzung für die adäquate Therapie ist neben der lungenfunktionellen Bewertung, ein entsprechendes präoperatives Staging. Während österreichweit die unseres Erachtens unabdingbare PET-CT Untersuchung nur in weniger als 40 % der Fälle eingesetzt wird, werden alle Patienten an unserer Klinik mit dieser Technik untersucht. Aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität der PET-CT Untersuchung[4] kann in vielen Fällen auf eine Mediastinoskopie verzichtet werden. Hierdurch wird der zeitliche Abstand zwischen Erstbefund und definitive Therapie deutlich reduziert. Während österreichweit zwischen definitiver Indikationsstellung und Operation im Schnitt 22 Tage vergehen, werden an unserer Klinik Patienten üblicherweise innerhalb von zehn Tagen operiert. Gerade im Bewusstsein einer Krebserkrankung ist es für die Patienten von größter Bedeutung rasch einer definitiven Therapie zugeführt zu werden.

Neben den Möglichkeiten einer modernen Bildgebung mittels PET-CT spielt jedoch in der Erstdiagnostik die kontrastverstärkte konventionelle CT Untersuchung eine große Rolle. In einer Studie der österreichischen Gesellschaft für Pneumologie musste hier leider festgestellt werden, dass eine adäquate Computertomografie nur in etwa zwei Drittel der Fälle vorliegt, weshalb diese häufig wiederholt werden muss.

Voraussetzung für ein Thoraxchirurgisches Referenzzentrum ist das Zusammenspiel zwischen Pneumologie, Radiologie, Radioonkologie, medizinische Onkologie und Pathologie. Durch dieses Zusammenspiel können wir heute durch bessere Selektion und Therapieplanung in gemeinsamen Tumorboards unsere Patienten sehr gute 5-Jahres Überlebensraten erreichen.

Da die Größe des Tumors direkt mit der Überlebenszeit korreliert steht, für uns die definitive Sicherung und Therapie an erster Stelle. Thoraxchirurgische Überlegungen von Patienten mit unklaren Rundherden sollten deshalb immer mit Spezialisten der Thoraxchirurgie gemeinsam mit Radiologen diskutiert werden. Dies deshalb da die Überlebenszeit bei Lymphknoten negativen Tumoren über 80 % bei positivem Lymphknotenbefall aber bereits nur noch knapp 50 % erreicht[5].

Kolleginnen und Kollegen in der allgemeinmedizinischen Praxis, haben häufig wenig mit Patienten nach Lungenoperationen zu tun. Aus diesem Grund ist es wichtig zu wissen, dass in der Nachbetreuung Patienten welche länger als sechs Wochen Analgetika benötigen, unbedingt neuerlich dem Thoraxchirurgen vorgestellt werden sollten. Eine Lungenfunktionsverbesserung ist grundsätzlich bis zu drei Monate nach der Operation zu erwarten, weshalb der frühpostoperative Zustand des Patienten noch keine definitive Einschätzung seiner Lungenfunktion zulässt. Postoperative Thorax Röntgen zeigen häufig pathologische Veränderungen wie minimale Pneumothoraces bzw. Pleuraergüsse. Bei symptomatischen Patienten besteht hier meist kein Therapiebedarf. Die Rehabilitation[6] nach Lungenresektionen wird kontroversiell diskutiert, da Patienten häufig in der Frühphase nach der Operation noch keine adäquate Rehabilitation absolvieren können. Sinnvoll ist es jedoch, ab dem 3.-4. Monat postoperativ Patienten einer pneumologischen Rehabilitation zuzuführen.

Die Zukunft der Thoraxchirurgie wird sich daran messen wie schonend die „richtigen“ Patienten operativ behandelt werden. Hierbei wird sich zeigen, ob auf Dauer die Radiotherapie gegenüber der limitierten Resektion bei Karzinomen im Frühstadium das therapeutische Mittel der Wahl ist. Von Seiten der Onkologie erwarten wir uns Impulse durch neoadjuvante Therapiekonzepte. Operationstechnisch ist vieles ausgereizt, hier könnte Robotik durch verbesserte visuelle und dreidimensionale Darstellung, in Zukunft auch technisch heute noch nicht die durchführbare minimalinvasive Eingriffe möglich machen.

 

[1] Journal of Thoracic Oncology 2014 9, 1434-1442

[2] American Cancer Society, Surveillance and Health Services Research, 2014

[3] Ann Thorac Surg 2010; 90: 927–934

[4] Chest 2013;143(Suppl): e211s–50s

[5] Journal of Thoracic Oncology 2016 11, 39-51

[6] J Thorac Oncol. 2013;8: 214–221